Bundesrat billigt Hilfspaket

Wichtige Maßnahmen und Gesetzesänderungen zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie

Hintergrund Foto erstellt von freepik - de.freepik.com
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In der Sitzung am 27.03. billigte der Bundesrat mehrere Gesetze, um Unternehmen, die in Schieflage geraten sind zu unterstützen. Änderungen sind u.a. im Miet-, Insolvenz- und Strafprozessrecht vorgesehen. Ferner wurde die Errichtung eines Milliarden-Rettungsschirms für Unternehmen beschlossen, der durch einen Nachtragshaushalt flankiert wird.

Die wesentlichen Änderungen haben wir nachfolgend für Sie zusammengefasst.

Überblick

Insolvenzrecht

Gesellschafterdarlehen

Geschäftsführerhaftung

Schuldrecht

1.Insolvenzantragspflicht

Die Insolvenzantragspflicht wird ausgesetzt, wenn (1) die etwaige Insolvenzreife auf der Covid-19-Pandemie beruht und (2) die Aussicht besteht, dass eine bestehende Zahlungsunfähigkeit beseitigt wird. Beides wird vermutet, wenn am 31.12.2019 keine Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 Abs. 2 InsO gegeben war.

2.Gläubigeranträge

Beabsichtigt ist, dass Fremdanträge nur dann begründet sind, wenn der Eröffnungsgrund bereits vor dem 01.03.2020 vorlag.

3.Insolvenzanfechtungsrecht

Die aktuelle Gefahr einer Liquiditätskrise führt nach bisherigem Recht zu erheblichen Anfechtungsrisiken gem. §§ 129 ff. InsO für Gläubiger. Im Falle der fortgesetzten Belieferung / Kreditgewährung an zahlungsunfähige Schuldner droht nach einer etwaigen Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Rückgewähr erhaltener Vermö-genswerte.

Das „Corona-Gesetz“ sieht eine erhebliche Einschränkung dieser Anfechtungsrisiken vor, wenn entsprechend Ziff. 1 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist. Kongruente Leistungen des Schuldners sind dann nicht anfechtbar. Sogar inkongruente Rechtshandlungen, wie Zahlungen Dritter auf Anweisung des Schuldners (z.B. Direktzahlungen des Bauherren an Lieferanten des Handwerkers), abweichende Erfüllungsleistungen (z.B. Übereignung von Sicherungsgut statt Zahlung), Austausch von nicht werthaltigen Sicherheiten gegen werthaltige oder die Verkürzung von Zahlungszielen sollen demnach unanfechtbar sein.

Gleiches gilt im Falle vom Gläubiger gewährter Zahlungserleichterungen wie Stundungen oder Ratenzahlungsvereinbarungen. Die aufgrund dieser Vereinbarungen erhaltenen Vermögenswerte können nicht im Rahmen der Insolvenzanfechtung von einem Insolvenzverwalter zurückgefordert werden.

Alle Privilegierungen gelten nur, wenn für den konkreten Schuldner aufgrund der Covid-19-Pandemie die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt ist. Im Ergebnis wohl nur dann, wenn am 31.12.2019 nicht bereits eine objektive Zahlungsunfähigkeit gegeben war.

Gesellschafterdarlehen

1.Anfechtbarkeit der Rückgewähr

Unabhängig von der Insolvenzreife eines Unternehmens sollen Gesellschafter motiviert werden, ihre Gesellschaften mit hinreichend Kapital auszustatten. Aufgrund der unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kann es zu einem späteren Zeitpunkt aber dennoch zu einem Insolvenzverfahren kommen. Dies birgt für Gesell-schafter das Risiko einer Anfechtbarkeit von Rechthandlungen, mit welchen diese Darlehen von der Gesellschaft zurückgewährt werden, § 135 InsO. Entsprechendes gilt für den Gesellschaftern gestellte Sicherheiten.

Diese Anfechtbarkeit wird nach dem bisherigen Entwurf ausgeschlossen, sofern das Gesellschafterdarlehen im Geltungszeitraum des „Corona-Gesetzes“ gewährt wurde und die Rückgewähr bis zum 30.09.2023 erfolgt.

2.Subordination

Gem. § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind Gesellschafterdarlehen im Insolvenzverfahren (grundsätzlich) nachrangig zu befriedigen. Damit ist dieser Rückgewähranspruch im Falle der Insolvenzeröffnung regelmäßig wertlos.

Diese Subordination der Gesellschafteransprüche soll für die vorbenannten privilegierten Gesellschafterdarlehen keine Anwendung finden, sofern der maßgebliche Insolvenzantrag vor dem 30.09.2023 gestellt wird.

Geschäftsführerhaftung

Hinsichtlich der Geschäftsleiter nach den verschiedenen Gesetzen (GmbHG, AktG, HGB, BGB, GenG) treffenden persönlichen Haftung gegenüber der Gesellschaft sind Erleichterungen vorgesehen. So wird die gesetzliche Vermutung geschaffen, wonach im ordnungsgemäßen Geschäftsgang vorgenommene Zahlungen mit der Sorgfalt eines gewissenhaften und ordentlichen Geschäftsleiters erfolgen. Dies führt zu einer Haftungsfreistellung, sofern nicht besondere, dennoch haftungsbegründende Aspekte hinzutreten.

Schuldrecht

1.Leistungsverweigerungsrecht

In das EGBGB sollen zudem Vorschriften für gesetzliche Moratorien aufgenommen werden. Demnach kann ein Schuldner unter ergänzenden Bedingungen die Leistung aus vor dem 08.03.2020 geschlossenen Verträgen verweigern. Allgemeine Voraussetzung ist, dass die Erfüllung der Leistungsverpflichtung die wirtschaftliche Grundlage des Unternehmens gefährden würde. Ausgenommen sind Arbeitsverträge, Pauschalreiseverträge sowie Verträge über die Luft- oder Eisenbahnbeförderung von Personen. Im Miet- und Darlehensrecht sollen die nachstehenden Regelungen vorgehen.

2.Kündigungsschutz

Im Miet- und Pachtrecht ist ein Ausschluss von außerordentlichen fristlosen Kündigungen aufgrund von Zahlungsverzug des Mieters oder Pächters für vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 fällig werdende Ansprüche vorgesehen. Dieser Ausschluss endet am 30.09.2022.

3.Stundung

Weiter sind für Darlehensverträge Sonderregelungen über gesetzliche Stundungen vorgesehen. Ansprüche des Darlehensgebers aus vor dem 08.03.2020 geschlossenen Verträgen werden um jeweils 6 Monate gestundet, wenn Zins- oder Tilgungsleistungen vom 01.04.2020 bis 30.09.2020 fällig werden. Vorausgesetzt, die Erbringung der Leistung ist dem Darlehensnehmer nicht zumutbar, weil dies dessen Erwerbsbetrieb die Grundlage entziehen würde. Aufgrund des somit eintretenden Zahlungsverzuges sind Kündigungen des Darlehensvertrages bis zum 30.09.2020 ausgeschlossen.

Vorrangig sollen aber Darlehensgeber und -nehmer eine einvernehmliche Lösung über die zukünftigen Annuitäten und Fälligkeiten treffen. Dabei soll der Darlehensgeber ein entsprechendes Gespräch aktiv anbieten.

Fazit

Die Gesetzesänderungen verschaffen Unternehmen weiteren Handlungsspielraum, um auf die zu erwartende Umsatz- und Ertragskrise zu reagieren. Die im Schuldrecht vorgesehenen Maßnahmen setzen jedoch eine die Existenz des Betriebes gefährdende Liquiditätskrise voraus und bilden gewissermaßen die Ultima Ratio. Gegenüber Vermietern/Verpächtern und Darlehensgebern sollten betroffene Unternehmen rechtzeitig eine individuelle Regelung anstreben. Hier bietet das geplante Gesetz eine Argumentationshilfe.

Die geplanten Änderungen im Insolvenzrecht können Gesellschafter und Gläubiger (insb. Banken und Lieferanten) motivieren, rechtssicher einen Beitrag zur Erhaltung insolvenzbedrohter Betriebe zu leisten. Vorsicht ist jedoch bei bereits vor dem 31.12.2019, also unabhängig von der Covid-19-Pandemie, eigetretenen Liquiditäts-krisen geboten.

Aufgrund diverser unbestimmter Rechtsbegriffe in den vorgesehenen Vorschriften sollten sich Gläubiger und Schuldner vor etwaigen Maßnahmen unbedingt individuell beraten lassen. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern, Sanierungsexperten und Rechtsanwälten ist unbedingt empfeh-lenswert.

In Zusammenarbeit mit RA Dr. L. Orgelmann (Dr. Stankewitz & Coll., Bremen).

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