Haftung von Steuerberatern

Hinweispflicht des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund

6. Juli 2017

Hamburg, 06. Juli 2017

BGH, Urteil vom 26.1.2017 — Aktenzeichen: IX ZR 285/14

Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs betrifft Steuerberater, die mit der Erstellung des Jahresabschlusses einer GmbH beauftragt sind.
In seinem Urteil hat der BGH entschieden: Besteht für eine Kapitalgesellschaft ein Insolvenzgrund, scheidet eine Bilanzierung nach Fortführungswerten aus, wenn innerhalb des Prognosezeitraums damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, im Eröffnungsverfahren oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird.
Danach ist der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater ist verpflichtet zu prüfen, ob sich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm sonst bekannten Umstände tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten ergeben, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können. Hingegen ist er nicht verpflichtet, von sich aus eine Fortführungsprognose zu erstellen und die hierfür erheblichen Tatsachen zu ermitteln.

Eine Haftung des Steuerberaters setzt voraus, dass der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft objektiv zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Der mit der Erstellung eines Jahresabschlusses für eine GmbH beauftragte Steuerberater hat die Mandantin auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfende Prüfungspflicht ihres Geschäftsführers hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist.

Fazit

Nach § 252 Abs.1 Nr.2 HGB ist in der Handelsbilanz bei der Bewertung von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (going concern), sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegen stehen. Ergeben sich bei der Erstellung des Abschlusses Hinweise darauf, dass ein Insolvenzgrund vorliegen könnte und demzufolge eine Bewertung zu Fortführungswerten nicht mehr zulässig ist, kann sich daraus eine Hinweispflicht des Steuerberaters gegenüber seinem Mandanten ergeben.

Um mögliche Haftungsansprüche zu vermeiden, sollte der Steuerberater schriftlich auf die konkreten Umstände hinweisen, die einer Bilanzierung zu Fortführungswerten möglicherweise entgegenstehen. Weist die Geschäftsführung ihn daraufhin ausdrücklich an, an dieser Bewertung festzuhalten (und ist diese nicht offenbar fehlerhaft), sollte eine Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden nicht in Betracht kommen.