Corona-Pandemie: Änderungen zu Insolvenzantragspflichten geplant

Gesetzgeber möchte Unternehmen in finanzieller Schieflage schützen.

19. März 2020

Hamburg, 19.03.2020

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 16.03.2020 angekündigt, dass eine gesetzliche Regelung zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020 in Vorbereitung ist (BMJV vom 16.02.2018).

Der Gesetzgeber reagiert damit auf die zu erwartenden, weitreichenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Unternehmen in Folge der Corona-Pandemie. Es soll verhindert werden, dass Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die in Aussicht gestellten Hilfen nicht rechtzeitig in den Unternehmen ankommen.

Die reguläre maximale Frist der Insolvenzordnung von drei Wochen zwischen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Antragstellung ist zu knapp bemessen und würde in der aktuellen Situation dazu führen, dass viele Unternehmen insolvenzantragspflichtig werden würden. Das Überschreiten dieser Frist kann zudem strafrechtliche Folgen haben.

Folgende Voraussetzungen sollen für eine Aussetzung erfüllt sein müssen:

  • Der (vermeintliche) Insolvenzgrund soll ausschließlich auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhen und es müssen
  • aufgrund der Beantragung von öffentlichen Hilfsgeldern und / oder ernsthafter Sanierungs-/Finanzierungsverhandlungen begründete Aussichten auf eine erfolgreiche Sanierung bestehen.

Eine Verlängerung dieser Maßnahme bis zum 31.03.2021 soll möglich sein.

Während die Maßnahme grundsätzlich zu begrüßen ist, um eine kurzfristige Welle von Insolvenzanträgen zu vermeiden, stellen sich in der Praxis eine Reihe von Fragen.

Durch das Aussetzen der Antragspflicht gewinnt der Unternehmer lediglich Zeit und Haftungsrisiken werden abgeschwächt, aber die Maßnahme schafft keine neue Liquidität. Bei Ausbleiben der Zahlungen an Gläubiger läuft das Unternehmen weiterhin Gefahr, dass z.B. nicht weiter geliefert wird und dass die Unternehmenstätigkeit in existentielle Gefahr gerät.

Grundsätzlich sollte daher – wie in „normalen Zeiten“ – die enge Überwachung der Liquidität und alle liquiditätsverbessernden Maßnahmen oberste Priorität haben.

Um die o.g. Voraussetzungen zu erfüllen ist eine entsprechende Dokumentation erforderlich, um ex post keine Haftung der Geschäftsführung zu begründen oder gar strafrechtliche Folgen auszulösen, sollte eine Sanierung misslingen und ein Insolvenzantrag später unausweichlich werden.

In einigen Fällen wird ein vollständig geführter Nachweis für einen Dritten, dass begründete Aussichten auf eine erfolgreiche Sanierung bestanden haben, aufgrund der unübersichtlichen Lage und begrenzten Ressourcen in der durch die Corona-Pandemie entstanden Ausnahmesituation nicht erbracht werden können.

Eine Geschäftsführung, die sich auf diese geänderte Regelung beruft, begibt sich damit bildlich gesprochen in unsicheres Fahrwasser. Hier gilt es im Einzelfall sorgfältig abzuwägen, welche Haftungsrisiken eingegangen werden und was die Alternativen sind.

Unternehmen, die bereits vor Ausbrechen der Corona-Pandemie in wirtschaftlicher Schieflage waren, sollten daher genau abwägen, ob die Erfüllung der o.g. Kriterien ex post nachgewiesen kann. Üblicherweise wird dazu die Rentabilität der vergangenen zwei Jahre (dokumentiert durch z.B. die Umsatzrentabilität im Jahresabschluss) als eines von mehreren Kriterien herangezogen.

Um spätere Haftungsrisiken zu begrenzen sollten daher folgende Punkte beachtet werden

  • Sammeln Sie alle Unterlagen und Informationen, mit denen später dargelegt werden könnte, dass die Schieflage durch die Corona-Pandemie ausgelöst wurde (Bsp. Kündigung von Kundenverträgen, Unterbrechung der Lieferkette, Absatzeinbruch infolge von Beschränkungen etc.).
  • Dokumentieren Sie ebenfalls den Verlauf von Antragstellungen für Hilfsgelder, Gespräche und Verhandlungen mit Finanzierungspartnern; fertigen Sie insbesondere von Verhandlungen und Meetings Gesprächsprotokolle an. Ein guter Gradmesser für die Frage, ob begründete Aussichten auf erfolgreiche Sanierungs- oder Finanzierungsverhandlungen bestehen, besteht darin, dass Sie sich die Frage stellen, wie ein Dritter, Unbeteiligter den Stand der Gespräche und Verhandlungen beurteilen würde.
  • Binden Sie im Zweifel externe Expertise ein, z.B. in Form eines Fachanwaltes für Insolvenzrecht.

Gerne unterstützen wir Sie bei der Entscheidungsfindung oder vermitteln Ihnen auf Anfrage Kontakte zu Experten aus unserem Netzwerk.